Stimmung am Tiefpunkt
Am Donnerstag, 20. Juli, bei einer Versammlung der Bewohner war die Stimmung am Tiefpunkt. „Wir haben noch immer keine Ersatzwohnung“, sagten vier Mieter, die zurzeit bei Verwandten oder Bekannten untergekommen sind. „Wir werden von hinten bis vorne beschissen“, meinte eine Frau, die sogar das Gerücht vernommen haben will, dass in einem Jahr alle Bewohner der Siedlung ausziehen müssten und danach keiner mehr zurückkommen könnte.
Über Nacht evakuiert
Angefangen hat das Drama am 6. Juli. Über Nacht evakuierte die Baupolizei mehrere Wohneinheiten der Wohnanlage. Dem Vernehmen nach war Gefahr in Verzug. Die Gebäude drohten angeblich einzustürzen, weil im Keller keine für den statischen Unterbau notwendigen Stützpfeiler errichtet worden wären. Und das, obwohl die Häuser von Wiener Wohnen im Jahr 2003 umfassend saniert wurden. In einer Stellungnahme gegenüber der Kronen Zeitung sagte Wiener Wohnen:
"Die Schäden selbst betreffen dabei nicht fehlende Stützpfeiler, sondern die Ziegelträger der Kellerdecken".
In Wohnungen ohne Küche untergebracht
Inzwischen mussten 16 der mehr als 50 Parteien ausziehen. Die Mieter wurden zuerst in Hotels, später in Ersatzwohnungen (teilweise ohne Küche) untergebracht. Einrichtungen, die zum Teil neu angeschafft wurden, und andere Utensilien der Wohnungen wurden in ein Depot gebracht. Wann der Spuk vorbei ist und die Mieter wieder in ihre Häuser dürfen, steht in den Sternen. Manche glauben an keine Rückkehr mehr.
„Das hätte es unter Bezirksvorsteher Stadler nicht gegeben!"
Bei der Versammlung der Mieter vorigen Donnerstag war auch der Wohnbau-Ombudsmann der FPÖ Wien, Michael Niegl, dabei. Er versprach den Bewohnern, alles daran zu setzen, um rasch befriedigende Lösungen herbeizuführen. Einerseits durch einen persönlichen Kontakt zur zuständigen Wohnbaustadträtin Kathrin Gaal (SPÖ), andererseits durch mediale Aufmerksamkeit. Niegl wurde von der Simmeringer Bezirksvorsteher-Stellvertreterin Katharina Krammer (FPÖ) vor Ort eingeladen, nachdem sich die Mieter von der Stadt und Bezirksvorsteher Thomas Steinhart (SPÖ) im Stich gelassen fühlten. Krammer meinte, dass es diese Situation unter dem früheren FPÖ-Bezirkschef Paul Stadler nicht gegeben hätte. Dieser wäre, so Krammer, wie schon beim Wohnhausbrand am Enkplatz Tag und Tag hier gewesen und hätte sich um die Belange der Mieter gekümmert.
Anzeige bei der Staatsanwaltschaft
Wolfgang Kieslich, FPÖ-Landtagsabgeordneter, hat am 12. Juli bei der Staatsanwaltschaft Wien eine Anzeige gegen Verantwortliche von Wiener Wohnen eingebracht. Es bestehe der Verdacht, so Kieslich, dass die nun vermissten Ziegelträger im Keller bei der Sockelsanierung im Jahr 2003 zwar in Rechnung gestellt, aber nicht eingebaut worden wären. Durch das Unterlassen der Errichtung der Ziegelträger wäre zudem eine Gefahr für Leib und Leben einer größerer Anzahl von Menschen herbeigeführt worden.